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Estably Blog | Marktkommentar

Rückblick & Ausblick:
Estably Jahreskommentar 2023

Veröffentlicht am 25.01.2024

Das Jahr 2023 an den Kapitalmärkten

In unserem Jahreskommentar geben wir Ihnen einen Überblick über die Geschehnisse an den Kapitalmärkten und ein Update zum wirtschaftlichen Umfeld, insbesondere hinsichtlich Inflation, Zinsentwicklung & Konjunktur. Des Weiteren heben wir einige bedeutsame Lehren für Investoren aus dem vergangenen Jahr hervor und zeigen auf, warum wir auch nach dieser teilweisen Erholung weiterhin mit großer Überzeugung in die Zukunft blicken.

Inhalt
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    Wie auch schon im Jahr zuvor war das Geschehen an den Kapitalmärkten im Jahr 2023 stark von den Erwartungen hinsichtlich Inflation, Zinsniveau und Konjunktur geprägt. Positive Entwicklungen dieser makroökonomischen Einflussfaktoren besänftigten gewisse Ängste der Anleger, woraus sich eine starke Erholung an den Märkten in den ersten sieben Monaten des Jahres entwickelte. Nach einem leichten Rücksetzer zwischen August und Oktober schlossen die Indizes das Jahr nochmals mit zwei sehr starken Monaten ab. Sowohl der US-Amerikanische „S&P 500“ (+26,3%), der globale Index „MSCI World“ (+23,8%), als auch der Deutsche Aktienindex „DAX“ (+20,3%) beendeten das Jahr mit deutlichen Zuwächsen.

    In Bezug auf die Sektoren-Entwicklung zeigte sich ein konträres Bild zum Vorjahr. Das allmähliche Lichten einiger dunkler Wolken, die über den Märkten im Jahr 2022 aufgezogen waren, führte dazu, dass Anleger den Blick wieder mehr in die Zukunft richteten. Folglich kam es zu einer Sektoren-Rotation von den Inflationsgewinnern (Energie) und den sicheren Häfen (Basis-Konsumgüter & Versorger) in Richtung der Bereiche Informationstechnologie, Kommunikationsdienstleistungen und Nicht-Basis Konsumgüter, deren Entwicklung damit wieder an die vergangenen längerfristigen Trends anschließen konnte.

    Sektoren Performance S&P500 2023
    Tabelle 1: Rendite nach Sektoren (2022 vs. 2023); Datenquelle: JPM Guide to Markets Q1 2024

    Die Themen Inflation, Zinsen und Konjunktur blieben das ganze Jahr über Thema und Einflussfaktor Nr. 1 auf das Geschehen an den Märkten. Nichtsdestotrotz waren es jedoch auch verbesserte Unternehmensergebnisse, vor allem in den Top 3 Sektoren, welche die Erholung vorantrieben. Außerdem wurden die Kurse von gewissen Unternehmen, wie auch schon oft in der Vergangenheit, von einem Megatrend – in diesem Falle „Künstliche Intelligenz“ – stark in die Höhe getrieben. Auch wenn der zukünftige Einfluss unumstritten ist, waren die unterliegenden Kursentwicklungen unserer Meinung nach nur gewissermaßen berechtigt und spiegelten teilweise schon zu viel an Euphorie wider.

    Auf individueller Ebene kam es zu großen Diskrepanzen hinsichtlich der Kursentwicklungen. Im S&P 500 erzielten die größten 10 Unternehmen des Index eine Performance von 62% und waren insgesamt für 86% der gesamten Indexentwicklung verantwortlich. Im Vergleich dazu lag die Performance der restlichen 490 Unternehmen bei 8% und war während des zuvor erwähnten Rücksetzers zwischen August und Oktober kurzeitig sogar in negatives Territorium gerutscht.

    Die Kluft zeigt sich auch nochmals deutlich dadurch, dass im Jahr 2023 insgesamt 72% (52% im Durchschnitt) der Aktien schlechter abschnitten als der Index und dies seit 1980 den zweithöchsten Wert überhaupt darstellt.

    Nach einem historisch schwierigen Jahr 2022 für die Anleihenmärkte bestanden von Seiten der Anleger positive Erwartungen für das Jahr 2023. Die Unterschätzung des Ausmaßes der Zinsanstiege und die fortwährende strenge Rhetorik der Zentralbanken führte jedoch zu weiter anhaltendem Gegenwind in den ersten drei Quartalen des Jahres. Per 30. September 2023 wies der breite US-Anleihenmarkt eine negative Jahresentwicklung von –1,21% auf, während der europäische Anleihenmarkt eine minimal positive Entwicklung von +0,59% verzeichnete. Obwohl die Anleger zu diesem Zeitpunkt zuversichtlich waren, dass der Höhepunkt des Zinsniveaus erreicht war, blieben sie dennoch vorsichtig in Bezug darauf, wie lange dieses Niveau beibehalten wird. 

    Eine Reihe positiver Inflationszahlen und ermutigende Kommentare seitens der Zentralbanken trugen zu einer gewissen Beruhigung bei. Daraus resultierten fallende Marktzinsen und folglich ein Anstieg der Anleihenkurse. Unternehmensanleihen profitierten dabei zusätzlich von geringeren Risiko-Prämien (Spreads). Dies führte im vierten Quartal zu einer sehr starken Entwicklung der Anleihen-Märkte. Sowohl die allgemeinen Anleihenindizies in den USA (+5,53%) und in der Eurozone (+7,19%) als auch Unternehmensanleihen in den jeweiligen Regionen (+8,52% bzw. +8,19%) schlossen das Jahr trotz anfänglicher Unsicherheiten positiv ab.

    Das Makroumfeld

    Ende 2022 stand die Inflationsrate sowohl in den USA (6,5%) als auch in Europa (9,2%) weit über dem langfristigen Zielwert. Weitere Zinserhöhungen wurden erwartet, die wiederum Ängste hinsichtlich fallender Unternehmensgewinne und einer allgemeinen Eintrübung des wirtschaftlichen Umfelds schürten. 12 Monate später haben sich einige dieser Sorgen gelegt und die sehr pessimistische und kurzfristige Sichtweise wurde allmählich durch ein optimistischeres Bild ersetzt. Es sieht weiterhin danach aus, dass die Inflation sowohl in den USA als auch in Europa erfolgreich unter Kontrolle gebracht werden kann.

    Abbildung 1: Verlauf der Inflation (USA & Eurozone) seit 2019

      Inflationsrate USA

    Die Inflationsrate in den USA liegt per Jahresende bei 3,4% und nähert sich nach und nach dem langfristigen Zielwert von 2% an. Neben einer restriktiven Geldpolitik waren die Normalisierung der Lieferkettenprobleme und Engpässe nach der COVID-Pandemie, eine überproportional gestiegene Produktivität gegenüber Lohnsteigerungen, sowie eine gewisse Schwäche in Europa und China für diese Entwicklung verantwortlich. Häuser- und Mietpreise stellen zwar weiterhin einen Inflationstreiber dar, aufgrund der zeitlichen Verzögerung der Berücksichtigung aktueller Marktbewegungen ist in absehbarer Zeit aber auch mit einer Entspannung in dieser Kategorie zu rechnen.

    eu anleihen kaufen  Inflationsrate Eurozone

    Auch in der Eurozone können ähnliche Entwicklungen beobachtet werden. Nach einem zwischenzeitlichen Höchststand von 10,6% im Oktober 2022 lag die Inflationsrate per Jahresende 2023 bei 2,9%. Aufgrund der unterschiedlichen wirtschaftlichen Gegebenheiten waren verschiedene Verläufe in den jeweiligen Ländern zu erwarten. Einige Länder wie unter anderem Belgien, Italien oder Holland liegen mittlerweile schon unter der 2% Marke. 

    Der allgemeine Trend stimmt aber auch in den restlichen Ländern. Im Vergleich zum Jahresende 2022, als neun Länder in der Euro-Zone zweistellige Inflationsraten aufwiesen, liegt die höchste Inflationsrate mittlerweile bei 6,6%, während 17 der 20 Länder bei unter 5% liegen. Somit konnten auch in der Euro-Zone wichtige Schritte hinsichtlich der Inflationsbekämpfung erreicht werden.

    Zinsumfeld

    Auf dem aktuellen Niveau erscheint das Zinsumfeld restriktiv genug und hatte bisher maßgeblichen Einfluss auf die Eindämmung der Inflation. Sowohl die US Federal Reserve als auch die Europäische Zentralbank haben das Zinsniveau in den letzten Monaten konstant belassen, um den weiteren Einfluss, der sich teilweise erst zeitverzögert bemerkbar macht, zu eruieren – ein bestätigendes Zeichen. In den USA wird mittlerweile schon auf eine Reihe von Zinssenkungen im Jahr 2024 gedeutet, während die Rhetorik der EZB strenger bleibt. Nichtsdestotrotz sieht es danach aus, dass die Höchststände des Zinsniveaus in beiden Regionen erreicht worden sind.

    Ursprünglich wurde davon ausgegangen, dass die restriktive Geldpolitik zu einer allgemeinen Rezession führen muss, um die Inflation wieder unter Kontrolle zu bringen. Das wirtschaftliche Umfeld in den USA behauptet sich aber weiterhin und die von uns im Halbjahresbrief beschriebene Möglichkeit einer rollenden Rezession hat sich bisher bewahrheitet.

    Die Ende 2022 zu beobachtende Schwäche am Immobilienmarkt und im Industrie-Sektor hielt auch im Jahr 2023 an, wobei aufgrund der Zinsdynamik (Immobilien) und des weit vorangeschrittenen Inventarabbaus in den Lieferketten (Industrie) eine Stabilisierung zu beobachten war bzw. eine Erholung teilweise schon absehbar ist. Im März kam außerdem der Bankensektor in Bedrängnis, wobei es sich hier um kein Kreditausfallsproblem wie in der Finanzkrise handelte, sondern um ein unzureichendes Risikomanagement bezüglich Zinsänderungen in Kombination mit einer riskanteren Einlagebasis. Die Regulatoren (FED & FDIC) sprangen dabei unverzüglich ein, schützten die betroffenen Kunden über dem Einlagenschutz und implementierten Maßnahmen, um solche Szenarien zukünftig zu vermeiden. Das Problem wurde somit schnell eingedämmt und hatte keine weitreichenden Folgen.

      US-Amerikanische Wirtschaftslage

    Positiv sticht weiterhin die Robustheit des Arbeitsmarktes heraus. Die Arbeitslosenrate in den USA befindet sich mit 3,70% weiterhin auf einem sehr niedrigen Niveau. Die Anzahl offener Stellen ist zwar etwas rückläufig, befindet sich aber weiterhin über dem Level vor der COVID-Pandemie. Diese Entwicklung gleicht somit eher einer Normalisierung und reduziert dabei das Risiko einer Lohn-Preis-Spirale. Zudem bleibt der US-Konsument weiterhin sehr gut aufgestellt. Die Kaufkraft bleibt aufgrund des robusten Arbeitsmarktes und der gestiegenen Produktivität in Kombination mit Lohnwachstum, welches die Inflation übersteigt (=gestiegene Reallöhne), hoch. Auch die Haushaltsbilanzen stehen weiterhin solide da.

    Zusätzlich sorgen längerfristige Trends wie das Onshoring (Rückführung von Produktionsprozessen) und der fortlaufende Investitionszyklus in den Bereichen erneuerbarer Energien und Elektrifizierung für Rückenwind, der über viele Jahre andauern wird. Die Beschäftigung im Baugewerbe notiert beispielsweise auf einem historischen Höchststand und unterstreicht damit die derzeitige Robustheit der US-Wirtschaft.

    eu anleihen kaufen  Europäische Wirtschaftslage

    Im Gegensatz dazu ist die Wirtschaft in Europa derzeit von einer gewissen Schwäche, vor allem in den produzierenden Branchen, gezeichnet. Die Kombination aus einer restriktiven Geldpolitik, einer Schwäche im Export-Geschäft und Nachwehen der Energiekrise sind dabei die treibenden Faktoren. Auch der Konsument ist im aktuellen Umfeld vorsichtiger, was auf die Konsumausgaben drückt. Der Arbeitsmarkt bleibt von diesen Entwicklungen bislang jedoch unberührt. Die Arbeitslosenrate notiert sowohl in der EU (5,9%) als auch in der Eurozone (6,4%) auf einem historisch gesehen sehr niedrigen Niveau. Im aktuellen Jahr könnte sich jedoch eine Trendänderung abzeichnen. Umfragen deuten auf rückläufige Einstellungsabsichten hin, insbesondere in der Produktionsbranche aufgrund unsicherer Aussichten hinsichtlich des Wirtschaftswachstums, hin.

    Alles in allem kann dennoch von einer deutlichen Verbesserung des Makroumfeldes innerhalb der letzten 12 Monate gesprochen werden, und die Risiken erscheinen deutlich geringer.

    Die Inflation ist sowohl in den USA als auch in Europa auf einem guten Weg in Richtung langfristigem Zielwert und das Zinsniveau scheint seinen Höchststand erreicht zu haben. Letztlich ist es schwierig einzuschätzen, ob die restriktive Geldpolitik mit den Rekordzinserhöhungen noch negative Nachwirkungen mit sich bringen wird.

    Derzeit deutet jedoch sehr wenig auf eine starke Eintrübung des Umfelds hin. Außerdem bringt die bisher erfolgreiche Eindämmung der Inflation genügend Spielraum für die Zentralbanken, die bei aufkommender bzw. anhaltender Schwäche genügend Flexibilität hätten, Anpassungen hinsichtlich der Geldpolitik zu tätigen und das Wirtschaftswachstum wieder anzukurbeln.

    „Das große Geld liegt nicht im Kaufen oder Verkaufen,
    sondern im Warten“

    Lehren aus dem vergangenen Jahr

    Unabhängig vom Jahresergebnis spielt die kontinuierliche Reflexion eine bedeutende Rolle beim Investieren und sowohl in guten als auch herausfordernden Phasen ergeben sich bedeutsame Lehren. Auch in diesem Jahr gab es einige wertvolle Erkenntnisse für Investoren und Anleger:

    1. Kursverluste & Negativinfos: Kein Verkaufsgrund bei Qualitätsunternehmen

    Kurzfristig können die Aktienmärkte sehr stark von psychologischen Faktoren und Emotionen getrieben werden. Dies war in jüngster Vergangenheit vor allem bei einzelnen Unternehmen gut zu erkennen. Die Kombination aus abgeflachtem Wachstum nach dem Ende der COVID-Pandemie und höheren Kosten aufgrund weiter antizipierten Wachstums hatten die Ergebnisse vieler Unternehmen mit einem digitalen Geschäftsmodell kurzfristig stark unter Druck gesetzt. 

    In einer Phase von extrem kurz gesteckten Anlagehorizonten führte die Kombination aus einer negativen Informationslage und starken Kursschwankungen zu einer starken Abwärtsspirale. An dieser Stelle möchten wir nochmals einen Auszug verschiedener Schlagzeilen zu diversen Unternehmen in Erinnerung holen:

    Meta Aktie 2023
    Netflix Aktie 2023
    Spotify Aktie 2023

    Aufgrund der negativen Informationslage und der stark fallenden Kurse könnte man dazu geneigt sein, solche Positionen, aus Angst vor weiteren Verlusten, zu veräußern. Ein Verkauf wäre jedoch eine sehr kostspielige Entscheidung gewesen. Eine gewisse Normalisierung des Umfelds und die erfolgreiche Umsetzung verschiedener strategischer Initiativen führte zu verbesserten fundamentalen Ergebnissen und in Kombination mit einer allgemeinen Beruhigung an den Märkten hatte dies eine gigantische Erholung einzelner Titel zur Folge. 

    Die starken Kursentwicklungen von Unternehmen, an denen teilweise am meisten gezweifelt wurde, haben maßgeblich zu einer Erholung beigetragen (Performance jeweils für 2023): Meta Platforms (+194,1%), Spotify (+138%), Salesforce (+98,5%), Netflix (+65,1%) oder Alphabet (+58,8%).

    Meta Aktie 2024
    Netflix Aktie 2024
    Spotify Aktie 2024

    In solchen Phasen gilt es, eine natürliche Schwankungsbreite bei den Bewertungen und den fundamentalen Entwicklungen zuzulassen, solange die Investmentthese intakt bleibt. Die unterliegende Qualität der Unternehmen sollte es einem Anleger auch in solchen schwierigen Phasen erleichtern, rational und ruhig zu bleiben, um jegliche Kurzschlussreaktionen zu vermeiden. Die Präsenz gewisser Herausforderungen bei diesen Unternehmen im letzten Jahr ist zwar nicht zu bestreiten, jedoch gibt es schlussendlich kein langfristig erfolgreiches Unternehmen, das in seiner Geschichte keine Herausforderungen zu meistern hatte. Ein Qualitätsunternehmen wird am Ende des Tages nicht durch fehlende Herausforderungen charakterisiert, sondern durch die Fähigkeit, diese erfolgreich zu bewältigen. 

    Auch wenn dieser „Buy and Hold“- Ansatz (Kaufen und Halten) kurzfristig schmerzhaft sein kann, ist die Standhaftigkeit in schwierigen Phasen und das Vertrauen in die ausgewählten Unternehmen einer der wichtigsten Faktoren für den langfristigen Anlageerfolg.

    2. Die Flucht in „sichere Häfen“ hätte den Grad der Erholung drastisch reduziert

    In einem von hoher Inflation und diverser Unsicherheiten getriebenen Umfeld waren es im Jahr 2022 die Sektoren Energie, Versorger und Basis-Konsumgüter, welche überproportional von diesen Gegebenheiten profitierten und sich besser als der Markt entwickelten.

    Zum damaligen Jahreswechsel war die Stimmung an den Märkten weiterhin sehr eingetrübt. Unter diesen Umständen mag die Flucht in sichere bzw. kürzlich gut gelaufene Sektoren als richtig erscheinen. Sich in solchen Phasen von Angst und Panik leiten zu lassen, birgt jedoch das Risiko, analog zur breiten Masse und somit genau zum falschen Zeitpunkt zu handeln.

    Im abgelaufenen Jahr waren es genau die drei zuvor erwähnten Sektoren, welche sich viel schlechter als alle anderen Sektoren und als der Gesamtmarkt entwickelten. Dagegen legten die Verlierer aus dem Jahr 2022, allen voran die Bereiche Informationstechnologie, Kommunikationsdienstleistungen und Nicht-Basiskonsumgüter allesamt eine starke Entwicklung hin.

    Auch die Entwicklung ganzer Sektoren kann in gewissen Phasen von psychologischen Faktoren beeinflusst werden und sehr unerwartet drehen. Anstatt zu versuchen, kurzfristige Sektoren-Trends und Kapitalflüsse zu antizipieren, sollten sich Anleger darauf konzentrieren, ein Portfolio aus verschiedenen Branchen und Unternehmen aufzubauen, denen auf Basis fundamentaler Faktoren (der langfristige Treiber für Aktienkurse) ein adäquates Wertsteigerungspotential unterliegt.

    3. Investitionsentscheidungen sollten nie allein auf das Makroumfeld gestützt sein

    Viele Ökonomen, Anleger, Unternehmer und Konsumenten rechneten für das Jahr 2023 mit einer weiterhin hohen Inflation, weiter steigenden Zinsen und einem stärkeren Abschwung – Umfragen deuteten beispielsweise auf eine der meisterwarteten Rezessionen hin.

    Im Angesicht solcher Aussichten könnte eine viel defensivere Positionierung im Portfolio (bsp: Liquiditätsaufbau) intuitiv sein. Grundsätzlich ist es jedoch so, dass die Märkte kein Spiegelbild der wirtschaftlichen Entwicklungen, sondern eher ein Abbild der zukünftigen Erwartungen der Marktteilnehmer darstellen. In diesem Szenario auf das Erreichen des Inflationsziels, ein niedrigeres Zinsniveau oder unterstützende Argumente für eine robuste Wirtschaft zu warten, hätte dazu geführt, die in diesem Jahr gesehene Erholung teilweise oder eventuell gar nicht mitzumachen.

    Auch wenn es in Zeiten von Unsicherheiten zu stärkeren Kursschwankungen kommen kann, ist man auch in einer solchen Phase am besten beraten, seiner Anlagestrategie treu zu bleiben. In der Vergangenheit war es in Situationen ohne ein plötzlich unvorhergesehenes Ereignis grundsätzlich so, dass die Märkte den wirtschaftlichen Entwicklungen deutlich vorauseilten, sowohl auf dem Weg nach unten als auch bei der Erholung. 

    In der Regel verzeichnen die Aktienmärkte ihre besten Tage oft kurz nach Phasen, die von sehr starker Volatilität und hohen Unsicherheiten geprägt sind. Die Erfolgswahrscheinlichkeit, den exakten Zeitpunkt dieser Höhen und Tiefen zu erahnen, erscheint äußerst gering und birgt das Risiko, die guten Phasen an den Börsen, welche grundsätzlich länger und stärker ausfallen als die schlechten, nur teilweise mitzunehmen.

    4. Unterjährige Rücksetzer gehören zum Geschehen an der Börse dazu

    Die Entwicklung an den Kapitalmärkten verläuft niemals geradlinig. Auch in einem allgemein guten Börsenjahr wie 2023 gibt es Phasen, in denen Unsicherheiten aufkommen und diese schlussendlich zu Rücksetzern führen. 

    Zwischen August und Ende Oktober kam es beim S&P 500 zu einem unterjährigen Verlust von über 10%, der trotz der allgemein positiven Entwicklung im Jahr 2023 wieder vermehrt Unsicherheiten aufkommen ließ. Wer in diesem Fall aus Angst vor weiteren Rücksetzern handelt, hätte zumindest Teile der starken Entwicklung in den letzten zwei Monaten des Jahres, beispielsweise +13,74% im S&P 500, nicht mitgenommen.

    In Zeiten schwacher Marktphasen ist man am besten beraten, Ruhe zu bewahren. Einen unterjährigen Verlust von -10% hat es an der Börse in der Vergangenheit alle 1,6 Jahre gegeben – somit ein sehr übliches Phänomen. 

    Grundsätzlich sollten Investoren von Markt Timing bzw. von Absicherungsstrategien absehen. Auch wenn in gewissen Phasen die Volatilität oder die Verluste kurzzeitig eingedämmt werden könnten, sind es genau diese Maßnahmen, die in guten Phasen, welche in der Regel weitaus stärker sind und länger dauern als die schlechten, das Gegenteil bewirken und einen negativen Effekt auf die langfristige Rendite haben. Treu nach einem der bekanntesten Zitate im Kreise von wertorientieren Investoren:

    „Zeit im Markt schlägt den Versuch, den Markt zu timen“

    All diese Lehren haben schlussendlich eines gemeinsam: sie basieren allesamt auf den Grundprinzipien des Value Investings. Die selektive Auswahl von Qualitätsunternehmen und Entscheidungen, die durch Langfristigkeit und Rationalität charakterisiert werden, bilden das Fundament dieser Strategie. Nicht die Höhepunkte und Tiefpunkte von Märkten, Sektoren oder individuellen Titeln zu erkennen, sondern in Zeiten höherer Volatilität diszipliniert und rational zu handeln, stellt einen der wichtigsten Faktoren für den langfristigen Anlageerfolg dar.

    Der Blick in die Zukunft und unsere Erwartungen

    Nach einem weiteren ereignisreichen Jahr gilt es, den Blick ins Jahr 2024 und darüber hinaus zu richten. Nach einem guten Börsenjahr und vor allem dem sehr starken Jahresabschluss würde man meinen, dass eine zeitnahe Abkühlung nicht unwahrscheinlich wäre. Rein statistisch ist dies zumindest nicht der Fall. Nach einer solchen Entwicklung gab es in der Vergangenheit über einen Beobachtungszeitraum von 5 Jahren weder in kurzen noch langen Zeitintervallen ein erhöhtes Auftreten von Korrekturen und die Entwicklung war durchschnittlich durchaus weiterhin sehr positiv.

    Auch in fundamentaler Hinsicht erscheint es uns nicht unwahrscheinlich, dass sich der allgemeine Markt weiterhin positiv entwickelt. Dennoch ist es gut möglich, dass die allgemeinen Marktentwicklungen aufgrund der relativ hohen Bewertungen der hoch gewichteten Unternehmen der Aktienindizes (S&P 500 & MSCI World) über die nächsten Jahre einer gewissen Schwerkraft unterliegen werden. Diese mögliche Dynamik hat für uns jedoch keine wirkliche Relevanz. Mit der aktuellen Portfolio-Aufstellung fühlen wir uns aufgrund verschiedener Faktoren sehr gut positioniert, um eine langfristig gute Wertentwicklung zu erzielen.

    Höherer Fokus der Märkte auf fundamentale Entwicklungen

    Derzeit sieht es danach aus, dass sich die allgemeinen Sorgen hinsichtlich Inflation, Zinsniveau und Konjunktur weiter lichten werden. Auch wenn diese Faktoren weiterhin ein Thema sein werden, ist es nicht unwahrscheinlich, dass der Fokus an den Märkten wieder stärker auf den fundamentalen Daten der Unternehmen liegen wird. 

    Im Angesicht der bisher starken Entwicklungen unserer Unternehmen im Jahr 2023 und der weiter positiven Erwartungen würden wir in einem solchen Szenario von dieser Dynamik definitiv profitieren.

    Weiterhin bestehendes Erholungspotential in einer Vielzahl von Sektoren

    Das erwartete Phänomen, dass unterschiedliche Sektoren sowohl die Tiefpunkte als auch die Erholung zu verschiedenen Zeitpunkten durchlaufen, hat sich inzwischen bestätigt. Wie zuvor beschrieben, verzeichneten Unternehmen in den Bereichen Informationstechnologie, Kommunikationsdienstleistungen und Nicht-Basiskonsumgüter im vergangenen Jahr eine deutliche Erholung, was sich mittlerweile in normalisierten Bewertungen widerspiegelt. 

    Im Gegensatz dazu bleibt ein Großteil der Erholung in anderen Sektoren weiterhin aus. Durch gezielte Gewinnmitnahmen sowie durch die Neuaufnahme von Unternehmen zu attraktiven Bewertungen außerhalb dieser Bereiche konnten wir diese Diskrepanzen zu unserem Vorteil nutzen. Daraus resultiert ein nach wie vor überproportionales Erholungspotenzial für unser Portfolio.

    Attraktive Chancen Abseits der breiten Masse / des Trubels

    In Zeiten von höheren Unsicherheiten ist es grundsätzlich so, dass Anleger die Flucht in vermeintlich sichere bzw. größere Unternehmen suchen. In jüngster Vergangenheit war es nicht unüblich, dass es bei „kleineren“ Unternehmen trotz gleicher oder sogar besserer fundamentaler Daten zu stärkeren Kursrückgängen kam. Dies resultierte in einer allgemeinen Bewertungsdiskrepanz zwischen Unternehmen je nach Höhe ihrer Marktkapitalisierung.

    Mit positiven Inflationszahlen und einer weiterhin robusten Wirtschaft kam es Ende des Jahres zu einer ersten Erholung von „kleineren“ (Mid und Small-Cap) Unternehmen. Der Großteil der Erholung ist jedoch weiterhin ausständig. Der Abschlag des Verhältnisses der Bewertungen von Mid Cap zu Large Cap Unternehmen liegt beispielsweise weiterhin bei 28% im Vergleich zum historischen Durchschnitt. Unser Portfolio besteht sowohl hinsichtlich der Anzahl als auch der Gewichtung knapp zur Hälfte aus Unternehmen, welche diesen beiden Kategorien zuzuordnen sind. Die Annäherung an ein historisch normalisiertes Verhältnis sollte unserem Portfolio zusätzlichen Rückenwind verleihen.

    Zinssenkungen mit möglichem positivem Effekt auf die Kapitalmärkte

    Die fallenden Inflationsraten könnten die Zentralbanken dazu bewegen, das Zinsniveau im aktuellen Jahr wieder etwas zu senken. Wann und wie stark die Zinsen in den jeweiligen Regionen schlussendlich gesenkt werden, bleibt vom Inflationsverlauf und der wirtschaftlichen Entwicklung abhängig. Grundsätzlich stellen fallende Zinsen positive Treiber sowohl für Aktien- und Anleihen dar. Teilweise werden fallende Zinsen aber auch mit schwierigen Phasen an den Märkten assoziiert. Dies hat damit zu tun, dass Zentralbanken in vergangenen Phasen im Angesicht einer sich anbahnenden Krise versucht haben, die Wirtschaft mit niedrigen Zinsen zu stimulieren. 

    Die Erwartung einer eintreffenden Rezession führte dabei zu Kursverlusten. In Phasen, wo das Zinslevel jedoch abseits von Rezessionsängsten gesenkt wurde, war die Entwicklung in der Vergangenheit grundsätzlich positiv. Per aktueller Datenlage sieht es danach aus, dass sich die US-Wirtschaft weiterhin sehr robust verhält, während das Umfeld in Europa schwächer erscheint, aber auch hier keine außerordentliche Krise absehbar ist.

    Indexentwicklung
    Abbildung 2: Index-Entwicklung während vergangener Zyklen mit Zinssenkungen; Quelle: Goldman Sachs

    Anleihen stellen im aktuellen Zinsumfeld eine attraktive Anlageklasse dar

    Auch wenn die Anleihenmärkte kurzzeitig stark unter den Zinsanstiegen gelitten haben, stellt dies ein zeitbegrenztes Phänomen dar. Fallende Kurse führen nämlich zu steigenden Restlaufzeitrenditen, da zum Ende der Laufzeit einer Anleihe immer 100% des Nennwertes zurückbezahlt wird, vorausgesetzt das Unternehmen gerät nicht in Zahlungsschwierigkeiten. Außerdem ergibt sich aufgrund der aktuellen Rahmenbedingungen ein allgemein attraktiveres Umfeld für diese Anlageklasse. 

    Es ist zwar damit zu rechnen, dass die Zinsen vom aktuellen Niveau sinken werden, eine Rückkehr zur Nullzinspolitik, die über die letzten 15 Jahre großteils bestand, ist aber unwahrscheinlich. Das höhere Zinsniveau bietet somit die Möglichkeit, das Kapital aus fällig gewordenen Emissionen in höher verzinste Anleihen zu reinvestieren. Auch wenn Aktien langfristig dennoch weiterhin durch höheres Wertsteigerungspotential charakterisiert sind, sollten Anleihen höhere Renditen als in den letzten Jahren erlauben.

    Abschließende Worte

    Wir hoffen, wir konnten Ihnen in unserem Jahreskommentar einen Einblick in unsere Gedankengänge geben und die Gründe für unsere Zuversicht erläutern. Dennoch werden auch im aktuellen Jahr wieder unzählige Themen auftreten, welche die Anleger und die Märkte beschäftigen werden. Dazu gehören auch Wahlen, allen voran die in den USA, welche eine erhöhte mediale Präsenz erleben werden und darin mögliche Implikationen auf die Kapitalmärkte vorausgesagt werden. Anleger sind hier am besten beraten, dies zu ignorieren, da die langfristige Performance von Aktienmärkten in der Regel von strukturellen Faktoren, die über politische Zyklen hinaus gehen, beeinflusst werden.

    Auch rein statistisch hat es sich in der Vergangenheit erwiesen, dass beispielsweise der Ausgang der Wahlen in den USA keinen relevanten Einfluss auf die Entwicklung der Kapitalmärkte hatte. Schlussendlich gab es in der Vergangenheit jedes Jahr viele vermeintliche Gründe, nicht zu investieren. Die langfristige Entwicklung war aber dennoch eine sehr positive.

    Aktienmarkt langfristige Entwicklung
    Abbildung 3: Langfristige Entwicklung der MSCI World seit 1970 & diverse Gründe nicht zu investieren

    Wir fühlen uns unabhängig von den Entwicklungen externer Einflussfaktoren sehr gut für die Zukunft gerüstet. Unsere Portfoliounternehmen verfügen bei attraktiver Bewertung über vielversprechendes zukünftiges Wachstumspotential und haben darüber hinaus über die letzten Jahre gezeigt, dass sie verschiedenste Krisen (COVID, Inflation, Zinsanstieg, etc.) überdauern können und als führende Unternehmen in den jeweiligen Branchen herausfordernde Phasen sogar zu ihren Gunsten nutzen können. Wir blicken mit hoher Zuversicht in die Zukunft!

    Wir arbeiten jeden Tag hart daran, Ihr Vermögen bestmöglich zu schützen und langfristig zu vermehren. Sowohl Mitarbeiter als auch Partner der Estably Vermögensverwaltung AG sind in ihren privaten Portfolios treu unserer Strategie investiert.

    Bei Fragen zum Jahreskommentar stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung.

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