Schwarzer Schwan – der Alptraum aller Trader und Investoren
Startseite » Broker » Börsenmagazin » Schwarzer Schwan – der Alptraum aller Trader und Investoren
Er schlägt zu, wenn man ihn am wenigsten erwartet und er richtet enorme Schäden an – die Rede ist vom sogenannten „Schwarzen Schwan“, auf Englisch auch Black Swan genannt. Was es mit diesem Phänomen an den Finanzmärkten auf sich hat und ob man mithilfe der Technischen Analyse zumindest rechtzeitig Warnsignale erhalten kann, erfahren Sie im nachfolgenden Magazin-Artikel am Beispiel der Volkswagen-Aktie.
Inhalt
Was ist ein Schwarzer Schwan oder Black Swan?
Auch wenn die Metapher schon alt ist, die weltweite Verbreitung fand der Begriff „Schwarzer Schwan“ erst mit der Veröffentlichung der Bücher von Nassim Taleb (Literaturtipps: „Fooled by Randomness“ und „Schwarzer Schwan“ von Nassim Taleb). Der Autor – selbst Ex-Trader und Professor für Risikomanagement – beschreibt mit dem Schwarzen Schwan darin als Ereignis, das höchst unwahrscheinlich (und nicht prognostizierbar) ist und daher fälschlicherweise ignoriert wird.
Wenn solch ein Extrem-Event aber auftritt, sind die Konsequenzen extrem. Gerade bei den Kapitalmarktteilnehmern kann man eine hohe Verwundbarkeit gegenüber Schwarzen Schwänen beobachten, die aus streng wissenschaftlicher Sicht eigentlich keine sind, weil sie nicht zur Kategorie der „unbekannten Unbekannten“ gehören. Wir bleiben aber in der Praxis und konzentrieren uns auf die Kernbotschaft.
Jetzt zu günstigen Konditionen Wertpapiere handeln
- Niedrige Ordergebühren
- Persönliche Betreuung
Als Beispiel kann die Entwicklung am US-Immobilienmarkt vor der Finanzkrise 2007/2008 dienen: Über Generationen hinweg stiegen die Immobilienpreise Jahr für Jahr in die Höhe. Aus dieser Erfahrung heraus konnte sich niemand vorstellen, dass es jemals zu einem Einbruch kommt. Ebenso wie vor Jahrhunderten europäische Siedler dachten, es gäbe nur weiße Schwäne (schließlich hatten sie bis dahin keine andersfarbigen gesehen), galten immobilienbesicherte Wertpapiere als sicher.
Die damit verbundenen Risiken wurden von Kreditgebern, Kreditnehmern und Investoren gleichermaßen ignoriert – bis es zu einem Rückgang der Hauspreise kam. Auch die europäischen Siedler wurden erst eines Besseren belehrt, als Reisende in Australien schwarze Schwäne vorfanden. Eine einzige Beobachtung also kann eine Theorie, die auf langfristiger empirischer Grundlage basiert, über den Haufen werfen. Das nachfolgende Zitat liefert die perfekte Beschreibung des Schwarzen Schwans:
„Wenn der Schwarze Schwan landet, unterbricht er unsere Gewissheiten nicht nur. Er zerstört sie. Er symbolisiert das große Unheil, das die bisherige Normalität beendet.“ Zitat von Gabor Steingart, Handelsblatt
Schwarzer Schwan Nr. 1: Freigabe des Schweizer Franken
Ein schwarzer Schwan erster Klasse war gleich zu Beginn des Börsenjahres 2015 zu beobachten. Der Auslöser: Die Schweizerische Nationalbank hob am 15. Januar 2015 aus heiterem Himmel den seit mehreren Jahren geltenden Mindestkurs von 1,20 Franken je Euro auf. Das Ergebnis: Von 10.30 Uhr bis 10.47 Uhr brach der Euro gegenüber dem Schweizer Franken von rund 1,20 auf sage und schreibe 0,8289 ein, um bis zum Tagesende wieder über die Parität zu steigen. Abbildung 1 zeigt, wie heftig diese Tagesbewegung im Vergleich zu den geringen Handelsspannen der Monate vor dem Ereignis ausfielen. Zahlreichen Marktteilnehmern – sowohl privaten als auch institutionellen – brachte dieser Tag signifikante, teils existenzbedrohende Verluste ein.
Die Freigabe des Schweizer Franken am 15. Januar 2015 kam völlig überraschend und löste extreme Bewegungen bei den betroffenen Währungspaaren aus. Binnen weniger Minuten (!) brach beispielsweise der Euro gegenüber dem Franken von rund 1,20 auf 0,8289 ein – ein historisch einmaliges Ereignis. Quelle: TradingView
Der abrupte Richtungsschwenk löste logischerweise auch am Aktienmarkt heftige Turbulenzen aus: Der Schweizer Leitindex SMI brach in der Spitze um fast 14 Prozent ein und markierte damit den volatilsten Handelstag der Geschichte.
Schwarzer Schwan 2: Abgasskandal bei Volkswagen
Im DAX stand keine Aktie im Börsenjahr 2015 mehr im Fokus der Medien und Marktteilnehmer als Volkswagen. Hier schlug der Schwarze Schwan im September zu: Das Unternehmen, das stets als Vorreiter für saubere Technologien galt, gestand öffentlich, mit illegalen Praktiken die Abgaswerte der eigenen Fahrzeuge manipuliert zu haben. Eine Affäre dieser Tragweite hatte kein Marktteilnehmer auf der Rechnung, eine Halbierung des Kurses binnen weniger Tage ebenso wenig.
Was aber konnte man im Vorfeld mithilfe der Technischen Analyse und der Saisonalitäten ablesen? Gab es bereits im Vorfeld Indizien für eine Abwärtsbewegung bei der VW-Aktie?
Blicken wir auf Abbildung 2. Wie hier zu erkennen ist, legte die VW-Aktie nach Ausbildung eines Allzeithochs im März 2015 bei 262,45 Euro den Rückwärtsgang ein und ein Abwärtstrend etablierte sich zunehmend. Einen Tag vor dem Tag X war im Chart zudem ein bearishes Kursmuster zu sehen, das einen weiteren Rutsch auf das Tief des Vorjahres zu implizierte.
Die VW-Aktie begann im Frühjahr 2015 einen Abwärtstrend – zu sehen an der Trendlinie und den fallenden SMAs. In dieser Abwärtsphase generierte der DAX-Wert zudem ein bearishes Kursmuster aus, das einen weiteren Fall bis zur grünen Unterstützungszone signalisierte. Quelle: TradingView
Zusammenfassend kann man also sagen: Die Aktie befand sich seit geraumer Zeit in einem negativen Trend, die Einnahme von Long-Positionen war aus Sicht des Tagescharts nicht empfehlenswert.
Richten wir unser Augenmerk nun auf Abbildung 3. Dieses Mal ist eine längere Kurshistorie als Wochenchart dargestellt. Zu sehen ist nun die Kursreaktion nach Bekanntgabe der Abgasaffäre. Nach dem Bruch der zuvor genannten Unterstützung mit einem Gap begann ein massiver Crash, der auch die nächsttiefere Unterstützung mühelos durchbrach. Erst im Bereich der noch tiefer liegenden Unterstützung aus dem Jahr 2011 nahm die panische Verkaufswelle ihr (vorläufiges) Ende. Das Kursniveau der Autoaktie hatte sich zu diesem Zeitpunkt in etwa halbiert, gemessen vom Hochpunkt lag der Börsenwert nur noch bei etwa einem Drittel.
Nach dem Bruch der Unterstützung mit einem Gap (1) begann ein massiver Crash, der die nächsttiefere Unterstützung mühelos durchbrach (2). Erst im Bereich der Unterstützung aus dem Jahr 2011 (3) nahm der Crash sein (vorläufiges) Ende, der charttechnische Schaden ist jedoch immens. Quelle: TradingView
Risiko- und Moneymanagement kann den Schaden begrenzen
Sei es der Crash am US-Aktienmarkt im Jahr 1987, die historisch einmalige Aufwertungsrallye des Schweizer Franken, der Einbruch der Volkswagen-Aktie oder negative (!) Ölpreise – der Zeitpunkt und die Eigenschaften der sogenannten „Black Swans“ lassen sich nicht bzw. nicht vollständig ermitteln. Schwarze Schwäne zeichnen sich ja gerade durch ihr unerwartetes Erscheinen aus. Mithilfe unterschiedlicher Analyseformen stehen uns allerdings Werkzeuge zur Verfügung, die potenzielle Schäden solcher Extremereignisse im Depot zumindest begrenzen können.
Hierzu gehört die Trend- und Kursmusteranalyse, der Einsatz von Widerständen und Unterstützungen sowie viele andere Tools wie zum Beispiel die Saisonalität. Eine effektive Schadensbegrenzung ist aber nur dann möglich, wenn man über ein solides Risiko- und Moneymanagement verfügt und auch die Möglichkeit von Absicherungen in Betracht zieht, wenn es notwendig ist.
Jetzt zu günstigen Konditionen Wertpapiere handeln
- Niedrige Ordergebühren
- Persönliche Betreuung
Um beim konkreten Beispiel der Volkswagen-Aktie zu bleiben: Trader, die ihren Stop konsequent im Bereich der Unterstützungslinie platziert hatten, mussten zwar aufgrund der Kurslücke schlechtere Ausführungen akzeptieren. Im Nachhinein dürften diese Marktteilnehmer dennoch froh sein, mit einem blauen Auge aus dem Trade gekommen zu sein, anstatt den gesamten Crash zusehen zu müssen.
Andere wiederum, die dem Trend gefolgt sind, sahen in dem Kursmuster eine attraktive Short-Gelegenheit. Was für die eine Seite ein schwarzer Schwan ist, kann für die Gegenseite genau das Gegenteil sein.
In diesem Sinne: Seien Sie auf weitere Extremereignisse gefasst und managen Sie Ihr Risiko!
Hat Ihnen der Beitrag gefallen? Teilen Sie Ihn!
Unsere Service Dienstleistungen
Sie handeln mit Ihrem IBKR Wertpapierdepot und wir stehen Ihnen bei allen Fragen mit unserer Expertise zur Verfügung.
- Unser Service:
- Technische Unterstützung
- Schulungen
- Informationen zu Märkten und Finanzinstrumenten
- Hilfe bei Problemlösungen aller Art
Wenn Sie selbst an den Börsen handeln möchten, ist das Depot bei IBKR die richtige Wahl für Sie. Bei Fragen stehen wir Ihnen unter [email protected] gerne zur Verfügung.